Grümel-Geschäftsführer Matthias Kraft nach 38 Jahren im Amt feierlich in den Ruhestand verabschiedet
„Wir hatten die Chance, alles neu zu entwickeln“
Grümel-Geschäftsführer Matthias Kraft nach 38 Jahren im Amt feierlich in den Ruhestand verabschiedet / Jutta Dehler übernimmt Nachfolge
Fulda. Fast 40 Jahre lang hat Matthias Kraft die Bildungslandschaft in Fulda und Umgebung maßgeblich mitgeprägt. Wen man auch fragt, alle zollen ihm zuallererst ihren großen Respekt vor seinem Engagement für Menschen und verweisen auf seine Bescheidenheit und seinen Sinn für Humor: Das Urgestein des Fuldaer Bildungspartners Grümel – seit Juni 1987 Geschäftsführer – wurde nun feierlich in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet. Matthias Kraft übergibt zum 1. Mai nach 38 Jahren im Amt das Zepter an Jutta Dehler, die bislang die pädagogische Leitung bei Grümel innehatte.
Volker Strauch, Vorsitzender des Vereins Grümel und langjähriger Wegbegleiter, sprach von „großen Spuren“, die Matthias Kraft hinterlasse, und von einem „gut bestelltem Haus“. Kraft sei seit nunmehr fast vier Jahrzehnten geschätztes Vereinsmitglied, geschätzter Kollege, Vorgesetzter, Verhandlungspartner für Kooperationen mit Behörden, Institutionen wie privaten Auftraggebern. Dabei halte er sich stets bescheiden zurück „und macht um sich kein Aufheben“.
Zeichen gesetzt gegen Jugendarbeitslosigkeit
In seiner Laudatio ging Strauch auf die Anfänge von Grümel ein. 1986 gründeten neun junge Menschen den Verein „Grüne Mülleimer für Arbeit und Leben e. V.“, der ein Zeichen setzen sollte gegen die zunehmende Jugendarbeitslosigkeit. Beschäftigung, Ausbildung und Umweltschutzbelange wurden mit in der Satzung festgehalten. Erster Beschäftigter war Ulrich Nesemann, auf ihn folgte Matthias Kraft.
Kraft war schon vor seiner Anstellung ehrenamtlich als Mitglied im Grümel-Verein aktiv. Er begann seine Halbtags-Anstellung als Anleiter für die ersten Aufträge in der Grünflächenpflege, „wo er den Jugendlichen erklärend, ruhig und geduldig begegnete“, so Strauch. Unter Anleitung von Matthias Kraft und Ulrich Nesemann führten sechs schwervermittelbare Jugendliche die ersten Aufträge durch, vor allem in der Grünflächenpflege.
Matthias Kraft, gebürtig aus Buchenrod und mit der Landwirtschaft aufgewachsen, war als studierter Agraringenieur damals parallel mit einer halben Stelle im Landwirtschaftsamt Fulda beschäftigt. Diese Stelle kündigte er 1999 und stand ab da Grümel ganz zur Verfügung.
In den ersten Jahren bei Grümel ging es unter anderem um neue Standorte für neue Arbeitsfelder. Kraft kümmerte sich um die Betriebsausstattung, organisierte handwerkliche Eigenleistungen. „Bescheiden, verlässlich, sachlich, stets gut vorbereitet, so kennen wir Matthias Kraft“, betonte Volker Strauch. Er könne gut zuhören, habe immer gerne den Rat anderer angenommen und sich laufend um seine eigene Fortbildung gekümmert, so Strauch. Bis hin zu einem nebenberuflichen Zweitstudium zum Diplom-Wirtschaftsingenieur, das er 2006 erfolgreich abschloss.
25 Geschäftsfelder an elf Standorten
In den 30 Jahren seines Engagements entwickelte Matthias Kraft Grümel kontinuierlich weiter. Meilensteine waren zum Beispiel die Einrichtung der ersten Geschäftsstelle in der Langebrückenstraße in Fulda, der Ausbau des Betriebshofs in Niederrode, die Überführung eines Großteils der Zweckbetriebe in eine gGmbH, deren alleiniger Gesellschafter der Grümel e.V. ist, außerdem der Kauf, die Sanierung und Ausstattung des Grümel-Zentrums in der Steubenallee im Münsterfeld mit neuen Bereichen, der Umzug der Geschäftsstelle in die Propstei Johannesberg im Jahr 2002 sowie der Umbau des Casinos Münsterfeld mit Großküche, Schulungs- und Werkräumen sowie dem Bistro. Ein großer Schritt sei auch das Engagement in der Asylbewerberbetreuung ab 2014 gewesen, so Strauch – mit neuen Standorten und Herausforderungen.
Grümel ist heute ein mittelständischer Betrieb mit rund 200 Beschäftigten, der jährlich rund 530 Menschen ausbildet, qualifiziert, fördert, berät und betreut – in mehr als 20 Geschäftsfeldern an derzeit elf Standorten.
Jutta Diel, die 2005 Nachfolgerin von Ulrich Nesemann wurde, teilte sich 20 Jahre lang das Büro mit Matthias Kraft. Die Grümel-Prokuristin beschreibt ihn als „offen, ruhig und sachlich“. Die gemeinsame Arbeit sei sehr vertrauensvoll und harmonisch gewesen. „Gefühlt hat er keine schriftlichen Unterlagen. Er hat alles im Kopf – ein unglaubliches Gedächtnis“, so Diel, die sich nur schwer vorstellen kann, „dass mir ab Mai nach zwei Jahrzehnten dann jemand anderes gegenübersitzt und ich nicht wie gewohnt Sachverhalte mit ihm abstimmen kann“.
Wenn Matthias Kraft selbst zurückblickt, hat ihm bei Grümel vor allem eins gefallen: „Es gab zunächst kein Fundament und keine Tradition. Wir hatten die Chance, alles neu zu entwickeln. Und damit viel Raum für Ideen.“ Immer die Qualität in den unterschiedlichsten Themenfeldern zu sichern, sei bisweilen eine Herausforderung gewesen. Seiner Nachfolgerin wünscht er vor allem „den Mut, neue Wege zu gehen“.
„Eine große Aufgabe“
Jutta Dehler empfindet es als „eine große Aufgabe“, die Geschäftsführung von Matthias Kraft zu übernehmen. Er habe „Grümel zu dem gemacht, was es heute ist“. Die Zusammenarbeit sei stets vertrauensvoll, lösungsorientiert und wertschätzend gewesen. „Was ich besonders mag, ist sein Humor.“ Jutta Dehler, Diplom-Sozialpädagogin mit Zusatzausbildung Systemische Therapeutin, trat im Oktober 2001 bei Grümel ein – zunächst als Sozialpädagogin in der Jugendwerkstatt Holz – heutige Produktionsschule. Außerdem übernahm sie die sozialpädagogische Begleitung der Malerabteilung. 2010 dann der Wechsel ins Coaching für Erwachsene. 2012 der Aufbau des Ausbildungsbereichs 3.5 – für Azubis mit psychischen Erkrankungen. Für diesen Bereich generierte sie ein interdisziplinäres Team, baute neue Strukturen auf. 2018 wurde die neue Stabstelle der Pädagogischen Leitung geschaffen – „die habe ich dann mit Leben gefüllt“. Jutta Dehler baute 2020 „nebenbei“ die Abteilung ambulante Hilfen inklusive Teilhabeassistenz auf und stellte „ein tolles Team“ zusammen, wie sie berichtet. Nun der Wechsel in die Geschäftsleitung. Sie wolle „das Ganze im Blick behalten“ und wie bisher auch immer wieder über den Tellerrand hinausschauen. „Fortsetzen möchte ich auf alle Fälle die Offenheit für neue Projekte und den Bestand der Maßnahmen, die sich bei Grümel lange bewährt haben – und natürlich die Zusammenarbeit mit unseren Kooperationspartnern. Netzwerkarbeit ist elementar für unsere Arbeit.“ Natürlich habe sie auch Ideen: zum Beispiel rund um die internen Kommunikationsstrukturen sowie einem verbesserten medialen Auftritt von Grümel in der Öffentlichkeit.
Würdigung für Wirken in Stadt und Landkreis
Landrat Bernd Woide würdigte anlässlich der Feierstunde das unermüdliche Wirken von Matthias Kraft in den unterschiedlichsten Bereichen und dankte ihm im Namen der unzähligen Menschen in der Region, die unter seiner Führung bei Grümel neue Perspektiven für ihr eigenes Leben finden konnten. Er habe maßgeblich dazu beigetragen, jungen Männern und Frauen in schwierigen Lebenssituationen die Chance auf Beratung und Begleitung, auf eine Ausbildungsstelle und damit auf Eingliederung in Arbeitswelt und Gesellschaft zu geben. Woide sprach sein Grußwort auch stellvertretend für Dr. Heiko Wingenfeld, Oberbürgermeister der Stadt Fulda, der aus persönlichen Gründen seine Teilnahme kurzfristig absagen musste. Der Hauptgeschäftsführer der IHK Fulda, Michael Konow, lobte in seiner Ansprache neben dem Engagement im Bereich Ausbildung die damit einhergehende große Unterstützung beim Thema Fachkräftemangel, der ganze Landkreis profitiere somit von Grümel. Karola Günther, Regionalgeschäftsführerin des Paritätischen Hessen und Vertreterin der Liga der freien Wohlfahrtspflege ging auf die beachtenswerten und vielfältigen Angebote von Grümel im sozialen Bereich ein, die während seiner Zeit als Geschäftsführer ins Leben gerufen worden sind und nannte als Beispiele die Familienhilfe, den Stadtteiltreff mit Familienzentrum Nordend in Fulda oder den Bürgertreff mit Familienzentrum in Bad Salzschlirf.
Herman Diel, langjähriger Redakteur des Hessischen Rundfunks, moderierte im Anschluss an die Grußworte eine Zeitreise durch vier Jahrzehnte sowie eine Gesprächsrunde mit Vorstandsmitgliedern und Mitarbeitenden von Grümel. Die musikalische Umrahmung des Abends übernahmen das Duo Project B&P, der „Werkschor Grümel“ sowie Andreas Wetter mit dem Quartett In Flagranti.
Und was wünscht Matthias Kraft dem Verein und Unternehmen Grümel für die Zukunft? „Mit den Veränderungen Schritt zu halten.“ Seinen Ruhestand stelle er sich wie eine Urlaubsreise vor. „Zuerst ankommen, dann sich einen Überblick verschaffen und anschließend mit den Aktivitäten starten.“ Und natürlich alles mit einem Quäntchen Humor.
Hier finden Sie weitere Berichterstattungen:
https://osthessen-news.de/n11775401/vom-gruenen-muelleimer-zum-bildungspartner-mister-gruemel-geht-in-ruhestand.html
https://www.osthessen-zeitung.de/einzelansicht/news/2025/april/nach-38-jahren-gruemel-geschaeftsfuehrer-matthias-kraft-verabschiedet.html
https://www.fuldainfo.de/gruemel-geschaeftsfuehrer-matthias-kraft-in-den-ruhestand-verabschiedet/
Bilder & Impressionen